Die Herausforderungen der Aktivistinnen in der Frauenbewegungmit der religiösen Autorität im Iran!


Die Geschichte des Kampfes von Frauen gegen sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt reicht
mehrere Jahrhunderte zurück. Im Verlauf des steinigen Weges haben Frauenaktivisten mit
zahlreichen Herausforderungen, Hindernissen und Beschränkungen konfrontiert. Eine Untersuchung
der Strategien, mit denen Frauen in verschiedenen Perioden gegen die Formen der Diskriminierung
vorgegangen sind, die die Wurzel der Gewalt gegen Frauen bilden, ist von entscheidender
Bedeutung. Ein Überblick
über die Entwicklung der Frauenbewegung im Iran zeigt, dass diese Bewegung eine der
dynamischsten und nachhaltigsten sozialen Bewegungen seit den späten 1800er Jahren, dem 20.
Jahrhundert und der Gegenwart ist. Die Frauenbewegung im Iran war, während ihrer aktiven und
kontinuierlichen Geschichte immer mit einem grundlegenden Hindernis konfrontiert, nämlich dem
Islam und der männlichen Herrschaft als widerstandsfähige und gegnerische Kraft der Gleichstellung,
wodurch jeder Wandel einen verstärkten Einsatz erforderte.
Seit der „Konstitutionelle Revolution“ bis heute hat die Frauenbewegung im Iran die
Errungenschaften der Frauenrechte und den Kampf zur Beseitigung der untergeordneten Position
der Frauen zum Ziel. Durch das Bilden von Vereinen, Gruppen und Organisationen – sowohl verdeckt
als auch offen – in verschiedenen historischen Perioden hat sie mit allen Höhen und Tiefen, die sie
erlebte, Maßnahmen ergriffen, um Ungerechtigkeiten und geschlechtsbezogene Diskriminierung in
verschiedenen Lebensbereichen zu bekämpfen. Von Bildungskampagnen und dem Recht auf Bildung
und Wahlrecht bis hin zu Körperrechten hat sich das religiöse Autorität den Forderungen der Frauen
widersetzt und die Scharia-Gesetze auferlegt. Dennoch haben Frauenrechtsaktivisten im Iran
Unumkehrbares erzielt, wie das Recht auf Bildung und das Wahlrecht.
Der Widerstand der Geistlichkeit gegen die Bildung von Frauen
Als im Jahr 1906 (entsprechend dem Jahr 1285 nach dem persischen Kalender) die erste
Mädchenschule namens „Dokhtaran“ von Frau Esther Abadi gegründet wurde, erhoben sich die
Geistlichen dagegen und gaben den Befehl zu ihrer Zerstörung, da sie die Bildung von Frauen als
gegen den Islam gerichtet ansahen. Unter den Geistlichen der Zeit der konstitutionellen Monarchie
gab Scheich Fazlollah Nouri eine Fatwa heraus, dass „die Gründung von Mädchenschulen dem
islamischen Gesetz widerspricht“. Aber die Vorreiterinnen bei der Gründung von Mädchenschulen
ließen sich nicht unterkriegen, und bis zum Jahr 1912 (entsprechend dem Jahr 1297) stieg die Zahl
der Mädchenschulen auf 56, was eine beispiellose Bewegung darstellte. Die Vorreiterinnen richteten
sich gegen die Gegner der Bildung und erklärten: „So sehr ihr auch nicht zuhören mögt, so sehr ihr es
könnt und nicht tut, wenn ihr euch gegen die Erziehung und Bildung von Mädchen widersetzt …
werden wir weiterhin in demselben Maße kämpfen und uns darum bemühen.“
Neben der Schulgründungsbewegung haben auch andere Aktivisten für Frauenrechte versucht, in die
Politik einzusteigen, Vereine zu gründen und spezielle Frauenzeitschriften zu veröffentlichen, um das
kollektive Bewusstsein zu stärken und Forderungen wie das Frauenwahlrecht und die Abschaffung
des Schleiers zu thematisieren. Wie in den Aufzeichnungen vermerkt ist, erhob sich auch dieses Mal
„die Geistlichkeit gegen das Frauenwahlrecht“. Ayatollah Modarres, der stark gegen das
Frauenwahlrecht war, erklärte während der zweiten Amtszeit des Parlaments (1911) seinen
Widerspruch wie folgt: „Gott hat ihnen nicht die Fähigkeit gegeben, das Wahlrecht zu haben, die

Untergeordneten sind nicht dazu befähigt, sie haben nicht das intellektuelle Potenzial dazu.
Abgesehen davon, sind die Männer für die Frauen verantwortlich, sie stehen unter der
Vormundschaft der Männer.“ Im Gegensatz zu
der Vorstellung, dass das Frauenwahlrecht lediglich als eine von oben angeordneter Veränderung
betrachtet wird, war das Erreichen des Frauenwahlrechts im Iran im 1341 (entsprechend 1962) und
seine offizielle Anerkennung, das Ergebnis jahrelanger Bemühungen den Frauenrechtlern, die dieses
Thema bereits vor der zweiten Amtszeit des Parlaments zur Sprache gebracht hatten. Obwohl der
Höhepunkt der Wahlrechtsbewegungen in den USA (1920) und in England (1918) lag, waren die
iranischen Frauenrechtsaktivisten nicht weit hinter ihnen zurück.
Die „Geistlichkeit“ gegen das Abschaffen des Kopftuchs
In Bezug auf das Thema des Kopftuchzwangs existiert eine ähnliche Überzeugung, dass das
Abschaffen des Kopftuchs vom Wunsch des Reza- Shahs stammt; obwohl die Abschaffung des
Kopftuchs eine grundlegende Forderung der Frauenrechtsaktivisten war, sogar vor der
Konstitutionellen Revolution. Die Verurteilung des Kopftuchs in der Literatur dieser Zeit findet sich in
den Gedichten von Mirzadeh Eshghi, Aref Ghazvini, Iradj Mirza und Malek al-Shoara Bahar. Diese
Dichter haben in ihren Gedichten den Schleier und die Kleidung der Frauen als ein soziales und
kulturelles Thema behandelt. Der „schwarze Schleier“ (der Titel eines Liebesgedichts von Eshghi)
wurde verwendet. Verschiedene Frauenzeitschriften dieser Zeit, darunter „Zaban-e Zan“ (1298
iranischer Kalender), „Alam-e Nisvan“ (1299) und „Jahan-e Zan“ (1299), waren kritisch gegenüber
dem Schleier und seinen Gegnern.
Es ist wichtig anzumerken, dass der Widerstand der Geistlichkeit gegen die Freiheit der Frauen sogar
noch intensiver war als ihr Widerstand gegen die Bildung und das Recht auf Bildung für Frauen.
Frauen, die den Schleier kritisierten, wurden vom religiösen Establishment oft des Atheismus,
Materialismus, Bahaismus oder Dekadenz beschuldigt, und mit solchen Anschuldigungen wurden die
Massen gegen die führenden Frauen aufgebracht.
Die Aufführung von „Adam und Eva“ oder „Der Apfel und Adam und Eva im Paradies“ im Jahr 1302
war das erste Theaterstück von Frauen im Iran und seine Hauptthematik war die Freiheit der Frauen.
Die Frauen-Nationalistengesellschaft bereitete das Theaterstück mit der Hilfe von Mirzadeh Eshghi
vor.
Die Aufführung fand im Haus von Noor al-Hoda Mangeneh statt. Noor al-Hoda Mangeneh beschrieb
die Ereignisse der Theateraufführung in der Nacht wie folgt: „Der erste Akt der Aufführung wurde gut
durchgeführt. In der Pause zwischen den Akten waren die Gäste damit beschäftigt, Süßigkeiten,
Nüsse und dergleichen zu sich zu nehmen, während draußen im Hof heftig geklopft wurde. Zwei
Polizisten und zwei Diener des Gastgebers standen vor der Haustür Wache, und es wurde wiederholt
berichtet, dass Befehle von der Ordnungskräfte eingegangen waren, sich sofort aufzulösen.“ Aber
die Aufregung endet hier nicht; vielmehr setzte sich ab dem nächsten Tag die Hetze gegen die
Frauenrechtsaktivisten, einschließlich Frau Mangeneh, fort. Noor al-Hoda berichtet in ihren
Memoiren: „Einige bekannte Prediger in Teheran predigten folgendes:
“ Die Gastgeberin hatte eine Verschwörung zur Abschaffung des Schleiers geschmiedet, indem sie im
ersten Akt des Stücks die Nachteile des Schleiers und des Verschleierungsprinzips aufzeigen ließ. Im
zweiten Akt wurden die Vorzüge, die Leichtigkeit und die Schönheit des Ablegens des Schleiers
dargestellt. Dann hoben alle ihre Schleier ab. Die Gastgeberin stand ohne Schleier da, mit Blumen in
der Hand und einem Regenschirm über dem Kopf, und die anderen Frauen kamen ihr aus dem Haus
gefolgt, auch ohne Schleier, und gingen in die großen und kleinen Gassen und Straßen … damit die
Menschen ihnen folgen und ihre Schleier beiseite werfen. Einige Prediger behaupteten, letzte Nacht

seien fünftausend Frauen mit Blumen durch die Stadt gezogen und hätten die Menschen zur
Enthüllung des Schleiers aufgerufen. Diese Diskussionen sorgten in der Stadt für Aufregung,
insbesondere in den Moscheen, und hatten eine seltsame Atmosphäre geschaffen
Familienrechtsvorschriften im Islam.
Gemäß den verfügbaren Dokumenten war in erster Linie die Geistlichkeit und Religion der
Hauptgrund für die Behinderung der Frauenbefreiung. Selbst während der Pahlavi-Regierung, in der
einige behaupten, Frauen hätten von der Freiheit profitiert, basierten die antifrauenfeindlichen
Gesetze im Land auf islamischem Recht. Bis zum Jahr 1967 konnten Männer vier Ehefrauen haben
und eine unbegrenzte Anzahl von temporären Ehen eingehen. Ein Mann hatte das Recht, seine Frau
jederzeit und unter allen Umständen zu verstoßen. Gemäß Artikel 1117 des Zivilgesetzbuches hatte
der Ehemann das Recht, seine Frau daran zu hindern, eine Arbeit auszuüben, die seine Würde
gefährden könnte. Auch die Erbfolge wurde vollständig nach islamischem Recht geregelt. Zum
Beispiel erhielt eine Schwester die Hälfte des Erbes eines Bruders. Natürlich wurden auf Vorschlag
von Senator Mehrangiz Manouchehrian im Jahr 1974 Änderungen an den Familienrechtsvorschriften
vorgenommen, aber Frauen und Männer waren niemals vor dem Gesetz gleichgestellt. Trotzdem
erhob die Geistlichkeit Einspruch gegen den Gesetzesentwurf von Senator Manouchehrian, und
einige Geistliche im Land behaupteten, dass dieses Gesetz nicht mit dem Islam vereinbar sei. Einige
betrachteten sogar die Unterstützer von Manouchehrian als Ketzer.
Senator Mehrangiz Manouchehrian stand vor Problemen bei der Veröffentlichung seines Buches
„Kritik an den iranischen Verfassungs-, Zivil- und Strafgesetzen aus der Sicht der Frauenrechte“, da
kein Verlag bereit war, das Buch zu veröffentlichen. Der Grund dafür war, dass er einige islamische
Vorschriften wie Erbrecht, temporäre Ehen, Polygamie, Scheidung und Sorgerecht kritisiert hatte.
Selbst als er versuchte, sein Buch mit eigenem Geld in einer kleinen Druckerei drucken zu lassen,
verweigerte der Druckereibesitzer die weitere Produktion, nachdem er den Inhalt des Buches
erfahren hatte, nur weil das Buch dem Glauben widersprach.
Weitere Widerstand der „Geistlichen “ gegen die politische Beteiligung und das Wahlrecht
von Frauen
Im Jahr 1951, nachdem die Regierung von Mohammad Mossadegh einen Entwurf für ein Wahlgesetz
vorbereitet hatte, der das Frauenwahlrecht offiziell anerkannte, sprach sich Ayatollah Khomeini, der
zu dieser Zeit einer der religiösen Lehrer in Qom war, gegen diese Angelegenheit aus. Ayatollah
Kashani äußerte ebenfalls seinen Widerspruch und warnte die Regierung vor diesem Schritt.
Persönlichkeiten wie Ayatollah Borujerdi, Seyyed Sadr al-Din Sadr, Ayatollah Hojjat und Dutzende
weitere Geistliche und Rechtsgelehrte äußerten ihre Ablehnung des Frauenwahlrechts durch Briefe
oder durch Unterschriftensammlungen. Als Folge des zunehmenden Widerstands strich die
Regierung Mossadegh das Frauenwahlrecht aus dem Entwurf des Wahlgesetzes.
Die Einführung des Frauenwahlrechts im Iran im Jahr 1962 wurde erneut von der Geistlichkeit,
einschließlich Khomeini, angefochten. Khomeini schrieb in einem Telegramm an Mohammad Reza
Schah Pahlavi: „Der Eintritt von Frauen in Parlamente, staatliche Versammlungen, kommunale
Gremien und Stadträte steht im Widerspruch zu den festen Gesetzen des Islam, deren Auslegung
nach dem Verfassungsgesetz den islamischen Rechtsgelehrten und religiösen Autoritäten obliegt,
und es ist anderen nicht erlaubt, sich einzumischen. Die islamischen Rechtsgelehrten und Autoritäten
haben und geben Fatwas zu dieser Frage. Daher widerspricht das Wahlrecht für Frauen und ihre
Teilnahme auf allen Ebenen dem zweiten Zusatz zum ergänzenden Verfassungsgesetz. Auch das
Gesetz des Parlaments, das im Jahr 1946 verabschiedet und erlassen wurde, entzieht Frauen das
Recht zur Wahl und Auswahl in staatlichen Versammlungen, kommunalen Gremien und Stadträten.“

In seiner fortgesetzten Opposition gegen das Frauenwahlrecht äußerte Khomeini in einer seiner
Reden im 1343 (1964) mit Bezug auf Diskussionen über die Freiheit der Frauen folgendes: „Wir sind
nicht gegen den Fortschritt der Frauen. Wir sind gegen diese Schändlichkeiten. Wir sind gegen diese
falschen Handlungen.“
Nach der Revolution im Jahr 1979 erließ Khomeini die obligatorische Hijab-Verordnung. Einen Tag vor
den Feierlichkeiten zum Internationalen Frauentag im Jahr 1979 erklärte er: „Die islamischen
Ministerien dürfen nicht sündigen. Frauen dürfen nicht unbedeckt in islamische Ministerien
kommen. Frauen können kommen, aber sie müssen mit Hijab sein. Es hindert sie nicht daran zu
arbeiten, aber sie müssen den religiösen Hijab tragen.“
Als Reaktion auf diese Anordnung fanden Demonstrationen mit Zehntausenden von Menschen in
Teheran und mehreren großen Städten im Iran statt, was dazu führte, dass vorübergehend keine
intensiven Maßnahmen ergriffen wurden, um Frauen „verschleiert“ zu machen. Aber mit der
Festigung der islamischen Regierung verschärfte sich die Unterdrückung von Frauen. Viele
berufstätige Frauen wurden entlassen, weil sie sich weigerten, den Hijab zu tragen, einige wanderten
aus. Der Kampf gegen den erzwungenen Hijab wurde zu einem Teil des täglichen Lebens der Frauen.
Gefängnisstrafen, Auspeitschungen, Geldstrafen, Beleidigungen und tägliche Demütigungen am
Arbeitsplatz und in der Öffentlichkeit, sogar der Verlust von Menschenleben wie bei Dr. Zahra Bani
Yaghoub im Gefängnis in Hamedan und der Ermordung von Mahsa (Gina) Amini sind Ergebnisse der
Verordnung des erzwungenen Hijab, die vor 45 Jahren von Khomeini erlassen wurde. Als Reaktion
auf dieses Ausmaß an Unterdrückung und Gewalt entstand die Frauenrechtsbewegung aus dem
Herzen des Widerstands von Frauen gegen Diskriminierung und Unterdrückung, die bis heute
andauert.

Rezvan Moghaddam Sprecherin der Kampagne zur Beendigung von „Ehrenmorden“

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